Sein und Haben - Thesen zur Warenkritik

"Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer."
Marcus Lucius Annaeus Seneca

Dieser Text entstand im Ergebnis eines mehrjährigen Diskussionsprozesses in der Zukunftswerkstatt Jena.


Gliederung dieser Seite


Warum eigentlich Warenkritik? 

Am Ende eines jeden Jahres ist es üblich, Bilanz zu ziehen und in die Zukunft zu schauen sowie Wünsche zu äußern und (gute) Vorsätze zu fassen. Das ist Ende 2006 nicht anders. Jedoch ist die Bilanz, die von den Politikern und der Wirtschaft gezogen und die in den Medien dargestellt wird eine andere Bilanz, als ich sie aus meiner Sicht ziehen kann.

In den Medien wird eine tendenziell positive Bilanz gezogen: Die Wirtschaft ist stärker gewachsen, als angenommen wurde, der Staat hat mehr Geld eingenommen, die Zahl der Arbeitslosen ist stärker gesunken als prognostiziert wurde, …

Alles in allem also eine durchaus positive Bilanz, die da öffentlich gezogen wird. Natürlich gibt es da auch noch Probleme, aber angesichts der zu verzeichnenden Entwicklung werden die demnächst gelöst werden. Die Reformen gehen ja schließlich weiter, wir sind schon auf dem richtigen Weg.

Aus meiner Sicht ist diese Bilanz jedoch sehr unvollständig und einseitig. So wird immer nur die Entwicklung bezogen auf die jüngste Vergangenheit bewertet, selten oder nie eine absolute Bewertung gegeben. Gefeiert wird die Tatsache, dass es im Vergleich zum Ende des Vorjahres etwa eine halbe Million weniger Arbeitslose gibt, als "Trendwende". Dass es aber immer noch knapp vier Millionen Arbeitslose sind, wird nur nebenbei erwähnt.

Die Staatsverschuldung der BRD beträgt rund 1,5 Billionen Euro. Eine unvorstellbare Zahl. Pro Einwohner sind das etwa 18.600 €. Die Regierung bilanzierte positiv, dass sie 2006 mehr Geld als erwartet eingenommen hätte. Tatsächlich steigt aber die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler um 2.113 € je Sekunde. (Stand November 2006). Nein, ich habe mich nicht verschrieben: pro Sekunde. Dem Staat ist es gelungen, 2006 die Netto-Neuverschuldung unter 30 Milliarden Euro zu halten. Schulden abgebaut werden da nicht. Nur etwas weniger gemacht als "geplant".

In diesem Jahr 2006 spielte das Wetter verrückt. Schnee bis weit in den April hinein, eine Hitzewelle ohnegleichen im Frühsommer, ein total verregneter August, ein faktisch ausgefallener Frühwinter. Ich weiß nicht, wie viele Rekordwerte seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in diesem Jahr gebrochen wurden. Ausschließlich Zufall ist das auch nach Meinung der Wissenschaft nicht mehr. Die Klimaerwärmung lässt grüßen. In der Bilanz dieses Jahres findet sich dazu nichts.

Eine wirksame Maßnahme, um die Emission von Treibhausgasen deutlich zu reduzieren, die simple Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen, wurde vor einigen Tagen vom Leiter des Bundesumweltamtes vorgeschlagen. 30% Kohlendioxid weniger könnten emittiert werden, ohne dass irgendetwas grundlegend anders gemacht werden müsste. Sofort erhielt dieser Vorschlag Prügel von allen Seiten, vom ADAC genauso wie vom Verkehrsminister und den Autoherstellern.

Warum gibt es eine solche einseitige Bilanzierungsweise? Warum wird diese Betrachtungsweise von den allermeisten Menschen hingenommen, obwohl vielen dabei irgendwo unwohl ist? Warum sind wir in der Denkweise eines Marktes mit massiver Einflussnahme durch die Mächtigen verhaftet und empfinden das etwas normales? Wer das und mehr etwas genauer lesen möchte, findet hier und am Ende der nachfolgenden Thesen die Verweise auf die einzelnen Kapitel.

 


Thesen zur Warenkritik 

  • Der individuelle und gesellschaftliche menschliche Reproduktionsprozess gelangt an materielle und kulturelle Grenzen, bei deren Überschreitung die menschliche Gesellschaft in ihrer Existenz bedroht ist.
  • Ursache für diese Krise ist die Art und Weise der menschlichen Reproduktion. Die Produktion von Gütern und Leistungen erfolgt entfremdet und losgelöst von der Konsumtion, abstrakt vermittelt über einen Markt mit eigenen Regeln, welche die Reproduktion bestimmen.
  • Diese Art der Reproduktion ist historisch entstanden aus der Verfügbarkeit und der Art und Weise der Verwendung eines aus menschlicher Arbeit resultierenden Mehrprodukts.
  • Die historische Bedingtheit dieser Art der menschlichen Reproduktion ist im heutigen Alltag nur dann erkennbar, wenn es den Menschen gelingt, vermittels des begreifenden Denkens ihre Lebensweise zu analysieren und ihr individuelles Handeln entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse auszurichten.
  • Die weitere Entwicklung der menschlichen Gesellschaft ist offen. Neben der Gefahr einer existenzbedrohenden Krise ist auch die Entwicklung hin zu einer freien Kooperation möglich, in der die Freiheit der Anderen Voraussetzung für die eigene Freiheit ist.
  • Für eine solche, anstrebenswerte Entwicklung, sind bereits heute Keimformen erkennbar.

Und wer es nun doch genauer lesen möchte, findet hier noch einmal die Verweise auf die einzelnen Kapitel.

 

 

Wer den Text offline lesen möchte, kann diesen hier  als pdf-Dokument herunterladen (ca. 820 kb).


weiterführende Angaben 

Literaturquellen und Links zu weiteren Seiten zu diesem Thema